Fusion von HWW und HSE


Was bedeutet die Zusammenführung von HSE und HWW?

 

Offene Fragen nach der Ankündigung des Senats

Die hier herangezogenen Zitate stammen aus der Pressemitteilung des Senats vom 23.8.2005 und den Medienberichten vom darauf folgenden Tage.

 

  1. „Mit diesem Zusammenschluß entsteht in Hamburg das größte städtische Wasser- und Abwasserunternehmen Deutschlands. Unsere Stadt wird zum Kompetenzzentrum für Ver- und Entsorgung ausgebaut“.

Die Addition schafft zwar eindrucksvolle Zahlen bei Umsatz und insbesondere    Anlagevermögen, aber sonst nichts Neues. Worin das Kompetenzzentrum (wieso gleich in Gestalt der ganzen Stadt?) bestehen soll, bleibt offen. Nach der Veräußerung von Elektrizitäts- und Gaswerken ist zumindest die Versorgungskompetenz in Hamburg gering geworden.

Sollte sich Senator Freytag das nach der Teilprivatisierung der Berliner Wasserbetriebe (BWB) mit großem Wortgetöse geschaffene Kompetenzzentrum Wasser Berlin (KWB) zum Vorbild genommen haben, dürften wie in Berlin auch in Hamburg keine neuen Kompetenzen entstehen. Das als gemeinnützige Stiftung organisierte KWB koordiniert mit wenigen Personen, aber einem pompösen Aufsichtsrat im Wesentlichen Forschungsaktivitäten im Wasserbereich, die in Berlin seit langem stark ausgeprägt waren, ergänzt durch Kontakte zum BWB-Anteilseigner Veolia Water. Im Zuge der Anteilsveräußerung der BWB wurde das Kompetenzzentrum übrigens als Standortvorteil ausgegeben.

 

  1. „Dies [gemeint ist wohl das Kompetenzzentrum, UWH] sichert den Wirtschaftsstandort Hamburg und stärkt damit dauerhaft die Wachsende Stadt.“

Aha, wir haben es geahnt. Allerdings ist hier außer Wortgeklingel nichts auszumachen. Die Wasserforschung hat bereits an der TU Harburg ein Standbein. Selbst bei der unrealistischen Annahme, dass sich im oder unter dem Gleichordnungskonzern Aufgaben finden sollten, die HWW und HSE noch nicht erfüllt haben, dürften ein paar damit betraute Leute für den Wirtschaftsstandort Hamburg keinen messbaren Effekt haben. Dasselbe gilt natürlich für die Wachsende Stadt. Sie braucht inzwischen offenbar ein groß geschriebenes Adjektiv, um das ausbleibende Wachstum zu kompensieren.

 

  1. „ ,Hamburg Wasser‘ bildet den Wasserkreislauf der Natur von der Trinkwasserlieferung (HWW) bis zur Abwasserentsorgung (HSE) ab.“

Das ist Poesie, aber für eine strategische Entscheidung als Sachverhalt überflüssig und obendrein falsch. Der Wasserkreislauf der Natur enthält nämlich notwendig auch noch Niederschläge, Versickerung und Verdunstung. Wer kümmert sich im Gleichordnungskonzern denn darum? Vielleicht ist nach dem poetischen Ansatz noch Platz für ein paar kompetente Regenfänger?

 

  1. „Hamburgs hervorragende Trinkwasserqualität und die umweltgerechte Entsorgung von Abwasser bleiben gesichert.“

Das wollen wir doch alle miteinander hoffen. Die öffentlichen Betriebe haben dafür über anderthalb Jahrhunderte ihren Beitrag geleistet. Bedarf es dafür in Zukunft des Zusammenschlusses?

 

  1. „Als starkes Unternehmen wird ,Hamburg Wasser‘ auch in wirtschaftlich schwierigen Zeiten seine Dienstleistungen zu sozial verträglichen Preisen und Gebühren anbieten können.“

Öffentliche Unternehmen, namentlich die Versorgungsbetriebe mit Grunddienstleistungen, sind unabhängig von den Rahmenbedingungen verpflichtet, ihre Aufgaben durch ausreichende Preis- und Gebührengestaltung sowie angemessene Mittel für die Unterhaltung und Erneuerung von Anlagen sicher und dauerhaft zu erfüllen. Dazu sind HSE und HWW bisher je für sich in der Lage gewesen. Sie wären zweifellos bei verantwortlich handelnder politischer Aufsicht und entsprechender Unternehmensgeschäftsführung auch zukünftig dazu befähigt, ohne die Preise und Gebühren unangemessen anzuheben. Da beide Unternehmen unabhängig von einander mehrjährige Wirtschaftspläne entwickelt und zur behördlichen Abstimmung vorgelegt haben, sind die Vorstellungen über die mehrjährige Preisentwicklung bereits ohne den Einfluss der Konzernüberdachung fixiert.

Die Pressemitteilung des Senats vergisst in diesem Zusammenhang die außerordentlich hohe Gewinnausschüttung der HWW  zu erwähnen, die sogar noch gesteigert werden soll.

 

  1. „ ,Hamburg Wasser‘ steht weiterhin für … Sicherung von Arbeitsplätzen für hoch qualifizierte und motivierte Mitarbeiter im Dienstleistungssektor.“

Die ausdrückliche Erwähnung von Arbeitsplätzen in einem nicht dem Marktgeschehen unterworfenen Wirtschaftsbereich macht eher hellhörig. Die Wirtschaftsplanung der HWW sieht eine Schrumpfung des Personalbestands vor, was Senator Freytag als Aufsichtsratsvorsitzender der HWW gebilligt hat. Bei zukünftig weiter sinkenden Umsätzen unter der Voraussetzung konstanter Preise und Gebühren sind vor allem die Personalkosten ein wesentlicher variabler Faktor für weitere Gewinnsteigerungen.

 

  1. „ ,Hamburg Wasser‘ steht weiterhin für … Investition als verlässlicher Auftraggeber für die überwiegend mittelständisch geprägte Bauwirtschaft der Metropolregion.“

Abgesehen davon, dass (eine) Investition kein Auftraggeber als handelndes Subjekt sein kann, sondern Mittel zum Zweck ist, bilden Investitionen die zweite entscheidende Stellschraube bei der Gewinnerzielung. Bei beiden Unternehmen sind die Investitionen, abgesehen von einmaligen Bauprojekten, seit Jahren rückläufig.

Diese Tendenz dürfte sich fortsetzen.

 

  1. HSE-Geschäftsführer Funke, der im Oktober 2005 in den Ruhestand geht: „Was durch die Zusammenlegung an Arbeit entfällt, wird durch neue Aufträge wieder reingeholt.“

Im Unterschied zum Senat redet Funke zumindest ansatzweise Klartext. Natürlich soll Per­sonal eingespart werden. Funke nennt…

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  1. Neues Personal, so soll von der Öffentlichkeit angenommen werden, könnte laut HWW-Geschäftsführer Beckereit „durch neue Kunden im Norden und die Vermarktung von Know-how in den baltischen Staaten, in St. Petersburg, im nahen Osten und in Ost­asien, unter anderem Shanghai, beschäftigt werden“.

Die bisherigen Aktivitäten der HWW-Tochtergesellschaft Consulaqua wurden im Abwasser­bereich zum Teil von der HSE unterstützt. Die…

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Ein Zwischenfazit:

Positiv ist zu vermerken, dass sich der Senat „bewusst gegen eine Privatisierung entschie­den“ hat. Doch ein Gesetz gegen eine Privatisierung der Hamburger Wasserversorgung ist noch nicht verabschiedet und der gegenwärtig vorliegende Gesetzentwurf ist unzureichend. Dass der Senat weitere Privatisierungen öffentlicher Betriebe auf der Agenda hat, zeigen die eine Woche nach der Pressekonferenz aufgetauchten Meldungen über den Verkauf einer Hälfte der Hafengesellschaft HHLA.

Derzeit kann oder will der Senat „Hamburg Wasser“ nicht auf den Markt bringen wie die HHLA. Aber ein bisschen rumspielen und den größten deutschen kommunalen Wasser- und Abwasserkonzern bilden und durch Expansion womöglich noch vergrößern, das ist doch schon mal was und als Signal nicht zu übersehen. Die Hamburger, die tun was. Aber wofür? Wegen der mickrigen „Effizienzgewinne“ des neuen Gleichordnungskonzerns, sprich Perso­nal- und Sachmittelkürzungen? Muss jetzt schon jeder mögliche Euro aus den großen öffent­lichen Unternehmen rausgequetscht werden? Soll etwa dies die angesprochene hohe Moti­vation der Mitarbeiter fördern?

Kein einziger der vom Senat für die Zusammenführung der Hamburger Wasser- und Abwas­serunternehmen angeführten Gründe rechtfertigt diese Entscheidung. Wo jedoch ein so gro­ßer Schritt ohne erkennbare Vorteile vollzogen wird, stellt sich die Frage nach den wirklichen Absichten.

Unser-Wasser-Hamburg hält es für wahrscheinlich, dass – neben dem weiteren Trimmen auf reine Wirtschaftlichkeitskriterien – die Zusammenführung von HWW und HSE dazu dienen soll, Teilaufgaben aus dem öffentlichen Unternehmensverbund herauszulösen und auf Pri­vate zu übertragen. Auch gegen eine solche Privatisierung von Unternehmensteilen hatte sich das erfolgreiche Volksbegehren ausdrücklich gerichtet, dem im letzten Jahr 147.000 Hamburge­rinnen und Hamburger ihre Stimme gegeben haben.

Unser-Wasser-Hamburg wird die Entwicklung des Gleichordnungskonzerns aufmerksam be­obachten. Wasser und Abwasser müssen wie bisher zum Wohl der Bürger vorsorgend und umweltgerecht bewirtschaftet und als integraler Bestandteil einer politisch zu verant­worten­den Kommunalwirtschaft behandelt werden.

Wasser ist mehr als ein beliebiges Wirtschaftsgut und bedarf der besonderen Obhut.

 

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